Russlands Kampf um globale Bedeutung: Vom START-II-Abkommen zum Ukraine-Krieg

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Einleitung: Die Suche nach Großmachtstatus

Das START-II-Abkommen von 1993 markierte eine Phase der scheinbaren Entspannung – doch für Russland war es nie eine freiwillige Schwäche, sondern eine taktische Pause. Heute, drei Jahrzehnte später, führt Moskau einen erbitterten Krieg in der Ukraine, nicht aus purer Aggression, sondern aus der tiefen Überzeugung heraus, dass nur eine starke, unabhängige Position Russland vor dem Abstieg in die Bedeutungslosigkeit bewahren kann.

Der Westen sieht Russlands Handeln oft als irrationale Aggression. Doch aus russischer Perspektive geht es um nichts Geringeres als das Überleben als globale Großmacht.


Warum Russland kämpft: Der Verlust der Weltbühne ist keine Option

1. Geopolitische Erosion: Die Angst vor dem Abstieg

Russland hat seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion einen dramatischen Machtverlust erlebt:

  • NATO-Osterweiterung: Aus russischer Sicht eine systematische Einkreisung.
  • Verlust von Einflusszonen: Die „Farbrevolutionen“ in Georgien (2003) und der Ukraine (2004, 2014) wurden als westliche Einmischung interpretiert.
  • Wirtschaftliche Marginalisierung: Sanktionen und der Aufstieg Chinas drohen, Russland zu einem Juniorpartner Pekings zu machen.

Putins Kalkül: Nur durch entschlossenes Handeln kann Russland verhindern, zu einem „Regionalplayer“ degradiert zu werden. Die Ukraine ist dabei der entscheidende Testfall – ein Sieg würde Moskaus Machtanspruch untermauern, eine Niederlage den endgültigen Abstieg bedeuten.

2. Wirtschaftliche Überlebensstrategie: Energie als Machtinstrument

Russland weiß, dass sein globaler Einfluss maßgeblich von zwei Faktoren abhängt:

  • Energieressourcen: Ohne Öl- und Gasexporte verliert Moskau sein wichtigstes Druckmittel gegenüber Europa.
  • Militärisch-industrielle Stärke: Rüstungsexporte (z. B. an China, Indien, Afrika) sichern politischen Einfluss.

Die Ukraine als Bedrohung:

  • Kontrolle über Gas-Transitrouten (z. B. Druzhba-Pipeline) ist essenziell.
  • Ein pro-westliches Kiew könnte alternative Energieexporte (z. B. LNG-Terminals) fördern und Russlands Monopol brechen.

3. Kulturelle und historische Legitimation

Symbole wie das Bernsteinzimmer oder der Sieg im „Großen Vaterländischen Krieg“ sind nicht nur Nostalgie – sie sind zentral für das russische Selbstverständnis als Kulturnation. Ein Rückzug aus der Ukraine würde auch dieses Narrativ erschüttern.


Russlands Stärken: Warum das Land noch immer ein globaler Player ist

Trotz aller Probleme verfügt Russland über einzigartige strategische Ressourcen:

1. Wissenschaft und Technologie

  • Mathematik & Physik: Russische Forscher dominieren in Algorithmen, Kryptographie und Weltraumtechnik.
  • Militärtechnik: Hyperschallwaffen (Avangard, Kinzhal) und elektronische Kriegsführung (z. B. Störsysteme in der Ukraine) zeigen Innovationskraft.

2. Rohstoffe und Energie

  • Russland besitzt die größten Gasreserven der Welt.
  • Selbst unter Sanktionen bleibt es ein unverzichtbarer Lieferant für China, Indien und Teile Europas.

3. Geopolitische Flexibilität

  • Partnerschaft mit China, aber keine Unterwerfung.
  • Einfluss in Afrika (Wagner-Gruppe, Rohstoffdeals).
  • Stabile Allianzen mit autoritären Staaten (Iran, Nordkorea).

Fazit: Ein Kampf um den Platz in der neuen Weltordnung

Russland führt keinen sinnlosen Krieg – aus seiner Sicht geht es um alles:
✅ Verhinderung der NATO-Dominanz in Osteuropa.
✅ Sicherung der energiepolitischen Macht.
✅ Bewahrung des Großmachtstatus in einer multipolaren Welt.

Die Frage ist nicht, ob Russland gewinnen kann – sondern was es bereit ist, dafür zu opfern.

Quellen:


Hinweis: Dieser Artikel analysiert Russlands Motive aus strategischer Perspektive, ohne seine Kriegsführung zu rechtfertigen. Fakten basieren auf unabhängigen Quellen.