Während Frankreich selbst bis 2040 aus der fossilen Förderung aussteigen will, bleibt sein Einfluss in den Energiesektoren seiner ehemaligen Kolonien ungebrochen. Von Westafrikas Gasboom bis zu den alten Ölfeldern Zentralafrikas formt die Grande Nation weiterhin die energiepolitische Landschaft eines ganzen Kontinents. Dieser Blog gibt einen Überblick über die wichtigsten Player, Projekte und die historische Infrastruktur, die das Erbe des „Françafrique“-Systems bis ins Jahr 2025 prägen.
Die strategische Landkarte: Wo die Ressourcen fließen
Die ehemaligen französischen Kolonien in Afrika lassen sich in drei Kategorien einteilen:
- Die Gas-Pioniere des Westens (Senegal, Mauretanien, Elfenbeinküste): Hier entsteht derzeit der neue Gas-Gürtel Afrikas, angetrieben vom Mega-Projekt Greater Tortue Ahmeyim (GTA).
- Die etablierten Öl-Produzenten (Gabun, Kongo-Brazzaville, Kamerun): Diese Länder verfügen über eine jahrzehntealte Förderinfrastruktur, die nun modernisiert wird.
- Die Binnenland-Produzenten und Explorationsgebiete (Tschad, Niger, Madagaskar):Charakterisiert durch Onshore-Förderung unter schwierigen Bedingungen und vielversprechende, aber unerschlossene Reserven.
Hinzu kommen Schwergewichte wie Algerien (ein Gas-Gigant mit engen historischen Bindungen) und Tunesien, die eine Brücke zum nordafrikanischen Energiemarkt schlagen.
Die Akteure: Wer baut, besitzt und beliefert
Das Geflecht aus Eigentümern, Bauherren und Zulieferern wird von einem Mix aus staatlichen Unternehmen, französischen Majors und internationalen Dienstleistern dominiert. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die wichtigsten Player.
Tabelle: Schlüsselakteure in ausgewählten ehemaligen französischen Kolonien (2025)
Land | Eigentümer (Owners) | EPC-Firmen (Erbauer) | Package Vendor (Zulieferer) | Historische Altanlagen (Inbetriebnahme) |
---|---|---|---|---|
Senegal | Petrosen (staatl.), BP, Woodside | TechnipFMC, Saipem | Schlumberger, Baker Hughes | Offshore-Förderung ab 2010er |
Mauretanien | SMH (staatl.), BP | TechnipFMC, McDermott | Schlumberger, Halliburton | Exploration ab 2010er |
Elfenbeinküste | Petroci, TotalEnergies, Eni | TechnipFMC, Saipem, Subsea 7 | Schlumberger, Halliburton, Baker Hughes | Offshore-Felder ab 1970er |
Gabun | Gabon Oil Co., TotalEnergies, Perenco | Saipem, TechnipFMC | Halliburton, Schlumberger | Offshore-Felder ab 1960er |
Kongo-Brazzaville | SNPC, TotalEnergies, Perenco | Saipem, TechnipFMC | Baker Hughes, Schlumberger | Offshore-Projekte ab 1980er |
Algerien | Sonatrach, TotalEnergies, Eni | TechnipFMC, Saipem, McDermott | Schlumberger, Halliburton | Hassi R’Mel (1956), Hassi Messaoud (1956) |
Schlüssel zum Verständnis:
- Staatl. = Staatliche Gesellschaft
- EPC = Engineering, Procurement, Construction
- Fett gedruckt = Besonders einflussreicher Akteur
Wie die Tabelle zeigt, ist der französische Major TotalEnergies der bei weitem dominierende ausländische Eigentümer und Betreiber. Bei den Erbauern (EPC) teilen sich die europäischen Giganten TechnipFMC und Saipem den Markt, während die US-Dienstleister Schlumberger, Halliburton und Baker Hughes die lukrativen Service- und Zulieferverträge dominieren.
Das historische Erbe: Altanlagen und „Françafrique“
Die Infrastruktur in vielen dieser Länder ist alt und stammt aus den ersten Förderdekaden:
- Gabun und Kongo-Brazzaville: Die ersten Offshore-Plattformen wurden in den 1960er und 1970er Jahren errichtet, als die Ölförderung in Westafrika Fahrt aufnahm.
- Algerien: Die Gasfelder Hassi R’Mel und Hassi Messaoud wurden beide 1956 entdeckt und sind bis heute die Grundpfeiler der algerischen – und damit auch der europäischen – Gasversorgung.
- Diese alten Anlagen stellen heute ein doppeltes Problem dar: Zum einen sind sie oft ineffizient und umweltschädlich, zum anderen binden sie die Länder technologisch und wirtschaftlich an die Betreiberfirmen und damit an Frankreich. Dieses System der Abhängigkeit wird oft mit dem Begriff „Françafrique“ beschrieben.
Herausforderungen und Ausblick
Die energiepolitische Zukunft dieser Länder ist von Paradoxien geprägt:
- Grüner Kolonialismus? Europa drängt auf Gas als „Brückentechnologie“ und treibt damit die Erschließung neuer Felder in Afrika voran, während es selbst aussteigt. Kritiker warnen vor einem „grünen Kolonialismus“.
- Sicherheitsrisiko: Projekte in instabilen Regionen (wie der Sahelzone) sind anfällig für politische Unruhen und terroristische Angriffe.
- Ressourcenfluch: Die Geschichte zeigt, dass Ressourcenreichtum oft Korruption und Ungleichheit verstärkt, anstatt sie zu mindern.
Fazit:
Das energiestrategische Erbe Frankreichs in Afrika ist tiefgreifend. Während das Mutterland seine eigene Energiewende vorantreibt, bleibt es durch seine Konzerne, EPC-Firmen und die historische Infrastruktur der zentrale Architekt des fossilen Energiesystems in seinen ehemaligen Kolonien. Die Frage für 2025 und darüber hinaus ist, ob diese Länder ihr Ressourcenpotenzial für eine eigenständige Entwicklung nutzen können oder in der Rolle des Zulieferers für den grünen Wandel Europas verharren werden.
Quellen: Eigene Darstellung basierend auf Daten von RWI, IFRI, BP Energy Outlook, Unternehmensberichten von TotalEnergies, Saipem und TechnipFMC sowie Analysen von NGOs wie Rosa Luxemburg Stiftung.