Die deutsche Naturkosmetik- und Kosmetikindustrie feiert Rekorde. Mit einem Umsatz von 34,6 Milliarden Euro im Jahr 2024 und über 50.000 Beschäftigten ist sie eine tragende Säule des deutschen Mittelstands. Für 2025 wird ein weiteres Wachstum von 2,3% erwartet, angetrieben durch Trends wie Naturkosmetik und „Longevity“, wie der Erfolg von Branchengrößen wie Weleda (Umsatz 2024: 456 Mio. Euro, +8,3%) eindrucksvoll beweist.
Doch aus Bankenperspektive sieht dieses strahlende Bild plötzlich anders aus. Während die Branche wächst, wachsen auch die regulatorischen Anforderungen an ihre Finanzpartner. Banken sind angehalten, ihre Kunden nicht mehr nur nach klassischen Bilanzkennzahlen, sondern auch nach ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) und speziellen Sektorrisiken zu bewerten. Dabei rücken plötzlich Parallelen zu ganz anderen Industrien in den Fokus.
Das unerwartete Vorbild: Öl- und Gas-Standards
Was hat eine Naturkosmetik-Manufaktur mit einem Ölkonzern gemein? Auf den ersten Blick wenig. Bei der Risikobewertung für Banken jedoch immer mehr. Die Standards, die für die Finanzierung der Öl- und Gasindustrie entwickelt wurden, drehen sich um:
- Umweltrisiken (Environmental): Kontamination, Wasserverbrauch, Biodiversität.
- Soziale Risiken (Social): Menschenrechte in der Lieferkette, Arbeitsbedingungen.
- Governance-Risiken (Governance): Transparenz, Korruptionsbekämpfung, Compliance.
Genau diese Punkte sind heute auch für die Kosmetikbranche relevant. Die Getränkeindustrie steht ähnlich im Fokus, wenn es um nachhaltiges Wasserressourcen-Management geht – ein Thema, das für Kosmetikhersteller, die oft wasserbasierte Produkte herstellen, ebenso kritisch ist.
Die Bilanz alleine reicht nicht mehr: Eine Checkliste für Banken
Eine Bank, die ein Unternehmen der Kosmetikbranche finanziert, muss über die reine Umsatz- und Gewinnentwicklung (2024: +5,5% laut IKW) hinausschauen. Eine due diligence Checkliste muss folgende Punkte umfassen:
Was viele Unternehmen bereits erfüllen (Stärken):
- Hohe Forschungsquote: Viele Unternehmen, besonders im Pharmabereich, investieren stark in F&E. Dies ist ein positives Governance-Signal.
- Starke Marken und stabile Umsätze: Die Rekordumsätze von 34,6 Mrd. Euro zeigen eine krisenfeste Nachfrage.
- Beginnende Nachhaltigkeitsinitiativen: Verwendung von recycelten Verpackungen, erste Bio-Zertifizierungen.
Was oft noch zu erfüllen ist (Risikofelder):
- Lieferkettentransparenz (AML/KYC!): Woher kommen die Rohstoffe? Palmöl, Sheabutter, pflanzliche Öle und mineralische Grundstoffe können aus Regionen mit hohem Korruptionsrisiko oder aus konfliktbehaftetem Landraub stammen. Die Due Diligence endet nicht beim Unternehmen, sondern muss dessen gesamte Lieferkette umfassen – analog zu den Anforderungen im Öl- und Gas-Sektor.
- Umweltrisiken (Water Risk): Der hohe Wasserverbrauch in der Produktion (ähnlich der Getränkeindustrie) und die Umweltauswirkungen von chemischen Abwässern sind zu prüfen. Hat das Unternehmen ein Wasserrisiko-Management?
- Soziale Standards bei Zulieferern: Werden Menschenrechte bei der Gewinnung von Rohstoffen in Drittländern eingehalten? Dies ist ein direktes Social-Risiko.
- Grünwaschen (Greenwashing): Ist die Auslobung „natürlich“ oder „bio“ zertifiziert und nachvollziehbar? Falsche Claims sind ein Reputationsrisiko für die Bank.
Der kritischste Punkt: AML & KYC in der Lieferkette
Das größte, oft übersehene Risiko ist die Übertragung von Anti-Money-Laundering (AML) und Know-Your-Customer (KYC)-Prinzipien auf die Lieferkette des Unternehmens.
- Die falsche Art damit umzugehen: Eine Bank fragt nur die Bilanzdaten des Kosmetikherstellers ab, nicht aber die Herkunftsnachweise seiner Rohstoffe.
- Die Schadenssumme: Die Folgen sind nicht nur monetär (hohe Strafzahlungen für Compliance-Verstöße), sondern vor allem reputational. Eine Bank, die mit einem Unternehmen in Geschäft steht, das in einen Skandal um Kinderarbeit oder Umweltzerstörung verwickelt ist, erleidet immensen Imageschaden. Die Schadenssumme misst sich dann in verlorenem Kundenvertrauen und einem sinkenden Börsenkurs.
Fazit: Eine Chance für proaktive Banken und Unternehmen
Die deutsche Kosmetikbranche steht vor Herausforderungen wie steigenden Energie- und Rohstoffkosten. Unternehmen, die ihre Lieferketten transparent gestalten und nachweislich nachhaltig wirtschaften, sind nicht nur krisenfester, sondern auch bessere Bankkunden.
Banken sind gefordert, ihre Bewertungsmaßstäbe anzupassen. Wer heute die Due-Diligence-Prozesse aus dem Öl- und Gas-Geschäft sowie der Getränkeindustrie adaptiert und um eine tiefgehende Lieferkettenanalyse (daloa.de
bietet hierfür z.B. innovative Lösungsansätze) erweitert, der handelt nicht nur risikobewusst, sondern positioniert sich als nachhaltiger Partner für die Zukunftsbranche Kosmetik.
Die Zahlen sind brillant – aber die wahre Stabilität eines Unternehmens zeigt sich heute in der Transparenz seiner Wertschöpfungskette.
Quellen & Empfohlene Links zum Weiterlesen: